Probenwoche in Lankau

Tag eins, 24. August 2016

Die Anreise.

Am Mittwoch sollten wir spätestens um halb sechs am Schullandheim Lankau im Voßbergweg 38 in Neu-Lankau sein, anders gesagt: mitten im Nirgendwo. Jedes Jahr kurz vor der Sommerprobenfahrt frage ich mich, ob der Chor nicht vielleicht doch ein geheimes Scout-Team beschäftigt, die entlegensten Schullandheime und Jugendherbergen in Deutschland zu finden, die ein Klavier haben, das verstimmter nicht sein könnte. Diese Leute leisten harte Arbeit! Immerhin haben diese Herbergen einen Internetanschluss, der so hochmodern ist, dass eine Email zu versenden nur eine Viertelstunde dauert, das sind ja immerhin vierhundert bis tausend Bytes! Solch ein Internetanschluss macht aufwendige Websites mit sogenannten Informationen unnötig, da reicht ein ‹Wir überarbeiten gerade unsere Website› vollkommen. Immerhin gab es einen Tischkicker, der nicht nur rostig aussah, sondern es auch war. Egal, wie man die Abwehr stellt, die Füße von dem einen zeigt immer in entgegengesetzte Richtung zu den Füßen von dem anderen! Grandios; Das ist wahre Innovation und abstrakte Kreativität! Das Badezimmer, was zu meiner größten Überraschung im Zimmer eingebaut war hatte eine Dusche mit Duschkopf, der auf der Höhe meiner Schultern war, ich bin ungefähr 1.7 Meter groß.

Nach dem ‹leckeren› Abendessen, das mich an einen Campingplatz erinnerte, bezogen wir die Betten, probten und schliefen.

Tag zwei, 25. August 2016

Der See.

Der nächste Tag – der erste ganze Tag – verlief relativ unspektakulär. Essen, Pause, Probe, Pause, Essen, Pause, Probe, Pause, Essen, Pause, Probe. In der Mittagspause machten wir einen Ausflug zum Lankauer See, der in Niedersachsen Meer genannt worden wäre, in Nordfriesland Tümpel und in Schottland Loch. Da wir aber in Schleswig-Holstein waren, hieß er See. Der See war mittelgroß und braun-blau. Ungefähr die Hälfte der Knaben ging schwimmen, die andere Hälfte bildete eine Traube um Friedrich, der Drohnenaufnahmen von der ersten Hälfte der Knaben machte. Ich hatte meine Drohne auch mitgenommen, allerdings war sie eine Renndrohne, deswegen hatte ich sie nicht mitgenommen, flog allerdings oft auf der Wiese neben dem Schullandheim damit und bekam Fragen gestellt: ‹Wie hoch fliegt die?› oder ‹Wie schnell fliegt die?›, worauf ich Antworten gab wie ‹höher als du› oder ‹schneller als du›. Alles in allem war dieser Tag – wie schon gesagt – unspektakulär.

Tag drei, 26. August 2016

Kanu.

Vom Ablauf her war der zweite volle Tag ähnlich strukturiert wie der erste, das übliche EPPPEPPPEPP-Programm. In der Mittagspause ging der Chor auf dem Elbe-Lübeck-Kanal Kanu fahren, einer vielbefahrenen Bundeswasserstraße, quasi die Route 66 oder die Lombard Street der Bundeswasserstraßen. Friedrich und ich blieben mit dem Herbergsvater Norbert, ähm, Roland zurück und flogen unsere Drohnen. Am Abend leisteten Aaron und Thorge stundenlang hochkonzentriert die Arbeit, sowohl Teams für das Fußballturnier, als auch den Ablaufplan für selbiges zu erstellen.

Tag vier, 27. August 2016

Das Fußballturnier.

Bei der alljährlichen Fußballweltmeisterschaft des Knabenchors versammeln sich Teams aus aller Welt – genauer gesagt Hamburg – um das weltbeste Fußballteam des Neuen Knabenchores Hamburg zu finden. Man könnte sagen, wir spielen Fußball, aber so klingt es irgendwie besser. Gewonnen hat wie immer mein Team, die letzten paar Jahre war ich nur nicht in demselben Team. Also war das mein erstes Mal, das Fußballturnier gewonnen zu haben! Hurra! Danach haben wir zu Abend gegessen, besser gesagt, gegrillt. Den Grill haben wir eine Ewigkeit nicht zum glühen bekommen, bis Nor–land mit seinem übergroßen Bunsenbrenner-Flammenwerfer kam und noch größere Stichflammen verursacht hat. Hilfreich! Als wir dann endlich essen konnten, hat es aber lecker geschmeckt. Es gab Würstchen. Und Ketchup, Baguette und, zur Feier des Tages, Nudelsalat, ich fühlte mich fast wie im Elysee, zur alljährlichen Weihnachtsfeier. Danach haben wir eine Weile lang nichts getan oder gespielt, oder sind Drohne geflogen, bis wir dann ins Bett gingen.

Tag fünf, 28. August 2016

Die Sintflut.

Vom offiziellen Ablauf her war dieser Tag der langweiligste von allen, weil wir in der Mittagspause nichts gemacht haben, aber die hochmoderne Jugendherberge hat sich von der besten Seite gezeigt. Gegen Abend, in der Pause zwischen dem Abendessen und der letzten probe des Tages, regnete es. Ende August, fast Herbst, keine große Überraschung. Es war auch kein Orkan, der Wind war nicht besonders stark, es regnete einfach. Da das Haus Lankau aber hochentwickelte, ultramoderne sogenannte Filter-Wände hatte, sickerte Regenwasser in unser Zimmer. Da ich meine Klamotten in meinem Koffer und nicht auf dem Boden liegen hatte, wurden meine Sachen nicht nass. Aber der Fußboden. Knapp fünfzig Liter Wasser waren in unser Zimmer gelaufen, was darauf schließen lässt, dass die hochentwickelten Wände nicht nur ein bisschen durchlässig waren, sondern ziemlich viel. Knapp fünfzig Liter Wasser sind in weniger als fünf Minuten in unser Zimmer gelaufen. Wir zogen von Zimmer 10 in Zimmer 10a, zwei Zimmer weiter, auf der selben Seite des Flures – ich verstehe das System bis heute nicht. Das Zimmer war geräumiger, der Duschkopf war über der Höhe meines Kopfes montiert und abschließbar, das Zimmer war insgesamt viel sauberer und, nach den Aussagen von Norbert – Roland – sickersicher.

Tag sechs, 29. August 2016

Das Buzzerspiel.

Eine Uralte Tradition des Chores, wiedereingeprägt vor drei Jahren, ist der Buzzer-Quiz-Spiel-Abend. Der Name ist selbsterklärend, es werden Fragen gestellt, die Teams, die die Antwort wissen, hauen auf einen Buzzer, eine Lampe leuchtet auf, ein Team freut sich, der Rest ärgert sich, das Team sagt die falsche Antwort und alles geht wieder von vorne los. Am Tag zuvor haben sich die Männer die Fragen ausgedacht, Fragen wie ‹Was ist der Unterschied zwischen Jesus und einem Kaninchen? – Jesus kriegt Myrrhe, das Kaninchen kriegt Möhren› oder ‹Wenn in fünf Tagen vorgestern Samstag gewesen sein wird, welcher Tag wird dann von heute aus gesehen in sieben Tagen sein? – Mittwoch›. Der fünfte ganze Tag war der letzte ganze Tag in Lankau, und alle waren sehr froh, aus dem Probenraum mit dem weltbesten Lüftungssystem entkommen zu können.

Tag sieben, 30. August 2016

Die Abreise.

Der letzte Tag war wie jeder letzte Tag auf jeder Probenwoche in allen Sommerferien, wo wir nicht mit dem Bus fuhren. Wir aßen Frühstück, gaben unsere Zimmer ab, probten, aßen zu Mittag, die Eltern kamen, wir sangen und fuhren zurück nach Hamburg. Die Sachen, die zwei Tage vorher durch die Sintflut nass wurden, waren alle wieder trocken, das Klavier war noch verstimmter als vorher, schwer zu glauben, und es gab nur noch halb so viele Stimmen als vorher. Es war von Anfang an klar, dass in der Stimme mit den wenigsten Sängern am schnellsten alle heiser sein würden: der Tenor, meine Stimme. Es ist beruhigend zu wissen, dass sich von den letzten Probenwochen zu dieser Probenwoche nichts geändert hat.