Hermann von Reichenau

Jeder Sänger des Neuen Knabenchores Hamburg sollte den Gesang Salve Regina kennen, welcher im Männerchor immer wieder gerne gesungen wird. Einige wenige wissen vielleicht auch, dass Hermann von Reichenau für diese Komposition verantwortlich gemacht wird. Es zeigt sich hier wieder einmal, wie gut es ist, im Knabenchor zu singen; denn anlässlich unseres Konzertes in der Kirche zu Sülfeld bei Bad Oldesloe schrieb die Segeberger Zeitung einen Artikel voll des Lobes über unseren Chor. Der Wille, einen Knabenchor als aktuelles Phänomen anzusehen, ging sogar so weit, dass sie sich bei den Lebensdaten des Hermann von Reichenau um etwas mehr als neunhundert Jahre irrten. Ja, werter Leser, Sie haben richtig gelesen; genau neunhundert Jahre bei dem Geburtsjahr und 922 Jahre bei dem Todesjahr. Dies drängt unsere Redaktion zur Erfüllung des Lehrauftrages der Synkope, den wir auch in dieser Ausgabe nicht außer acht lassen wollen.

Hermann von Reichenau ist im Juli des Jahres 1013 in Oberschwaben geboren. Seine Eltern waren Graf Wolfrat von Altshausen-Veringen und dessen Frau Hiltrud. In frühen Kindesjahren, noch bevor ein Knabe heutzutage in den Hauptchor kommt, wurde er in die Benediktinerabtei auf der Insel Reichenau im Bodensee geschickt, wo er im Alter von dreißig Jahren zum Mönch wurde und die Priesterweihe erhielt. Hermann war von Geburt an körperlich schwer behindert und wird daher auch Hermann der Lahme genannt. Er beschäftigte sich mit Musiktheorie, Astronomie und Mathematik und komponierte einige Loblieder auf die Maria. Als Anlass dafür darf die starke Marienverehrung der Benediktinermönche gelten, die noch heute in den Klöstern gepflegt wird. Im September 1054 starb er auf Reichenau im Alter von einundvierzig Jahren. Ob er das Salve Regina tatsächlich geschrieben hat, ist unklar; es wird ihm lediglich zugeschrieben. Es handelt sich dabei um eine marianische Antiphon. Das Wort marianisch deutet darauf hin, dass Maria verehrt wird, Antiphon ist in dieser Verbindung nicht wörtlich zu nehmen, siehe dazu auch Musikalisch gesehen. Somit ist das Stück ein Mariengesang zu nennen. Die Mönche singen fünfmal täglich Psalmen und Gebete. Vor dem Zubettgehen schließen sie das letzte Stundengebet des Tages mit dem Salve Regina. Die wichtigsten Feste des Christentums sind Ostern und Weihnachten, in diesen Festzeiten wird das Salve Regina durch andere Mariengesänge ersetzt.

Hermann von Reichenau war wohl einer der führenden Intellektuellen seiner Zeit, obwohl es scheint, er habe das Kloster nie verlassen. Allein dadurch, dass die Einteilung unserer Uhren in Stunden und Minuten möglicherweise von ihm stammt, dies ist nicht ganz sicher, gebührt ihm etwas mehr Achtung seiner Lebenszeiten.