Elena Swoboda. Interview
Vielen Dank, dass Sie sich für das Interview bereiterklärt haben.
Wie sind Sie als Kind zum Singen gekommen?
Ich habe sehr früh mit dem Singen angefangen. Mit sechs hat mich meine Mutter zum Chor gebracht, aber nur weil ich ein bisschen pummelig war und nicht beim Tanzen angenommen wurde. Im Raum nebenan war ein vorsingen, da habe ich mitgemacht und wurde sofort genommen. Ich bin also mehr zufällig zum Singen gekommen.
Das hat mir dann so viel Spaß gemacht, dass ich dabei geblieben bin. Ich habe elf Jahre im Kinderchor gesungen, bin also praktisch im Chor großgeworden. Danach stand die Frage an, ob ich Musik beruflich mache. Ich habe studiert und dann meinen weiteren musikalischen Weg gefunden.
Was hat Sie bewogen, nach Hamburg zu kommen?
Nach meinem Studium am Konservatorium in Moskau habe ich eine Stelle an der Pädagogischen Uni bekommen und ein Jahr dort Studenten, die später Musiklehrer werden wollten, Dirigieren und Gesang unterrichtet.
Dann habe ich spontan entschlossen, dass ich nicht mehr weitermachen wollte, denn es ist einfach zu früh zum unterrichten, wenn man selbst noch nicht als Künstler gearbeitet hat. Deshalb habe ich mich auf ein Stipendium in Deutschland beworben und habe einen Studienplatz vom Deutschen Akademischen Austauschdienst, DAAD, bekommen. Dann hat es lange gedauert, bis ich Antwort bekam und ich musste erstmal weiterarbeiten. Weil die Post von Bonn nach Moskau verlorengegangen war, bekam ich schließlich einen total zerrissenen Umschlag, in dem stand, ich hätte mich schon vor zwei Wochen in Göttingen melden sollen.
Da bin ich schnell hingeflogen, um zwei Monate lang sechs Stunden am Tag Deutsch zu lernen. Danach habe ich bei Prof. Manfred Schreier Dirigieren studiert, in Trossingen, das ist eine kleine Hochschulstadt bei Stuttgart. Dort habe ich das deutsche Diplom gemacht und bin dann nach Hamburg gezogen, um hier zu arbeiten.
Sie leiten selber den Frauenchor Da Capo in Bargteheide. Wie passt das mit der geistlichen und älteren Musik des Neuen Knabenchors Hamburg zusammen?
Als Musiker muss man sich in verschiedenen Bereichen auskennen. Ich liebe geistliche Musik und singe selber im Chor. Mit dem Frauenchor singen wir auch geistliche Musik und führen sie in der Kirche auf. Aber das Profil des Chores musste ich fortsetzen. Deshalb habe ich mich etwas erkundigt und mir das Repertoire angeeignet. Vorher kannte ich mich auch nicht damit aus und musste deshalb lernen, wie man beispielsweise Pop-Lieder singt.
Wie sind Sie zur Vorchorleiterin des Knabenchores geworden?
Als ich als Stimmbildnerin im Chor anfing, hat Herr Kaiser aufgepasst, ob ich alles richtig mache und ob es zu dem Chor passt, dann erzählte er mir, dass er die Vorchöre abgeben wolle und ob ich nicht Lust dazu hätte, sie zu übernehmen, also habe ich mich darauf beworben. Es hat sehr lange gedauert, aber nun ist es so weit.
Wie kam es zu der Zusammenarbeit als Stimmbildnerin des Chores?
Ich habe an der Hochschule einen Zettel gesehen, dass ein Stimmbildner für den Knabenchor gesucht wird. Es gab ein Auswahlverfahren und ich musste eine Bewerbungsprobe vor der Schulleitung und Herrn Kaiser machen. Nach einem Monat hat er gesagt: «Frau Swoboda, Sie sind meine Nummer eins.»
Welche Erfahrungen haben Sie in diesem Jahr mit dem Chor und in diesen paar Wochen mit den Vorchören gemacht?
Eine neue Erfahrung ist es, mit dreijährigen Jungen zu arbeiten, das ist nämlich nicht so einfach. Die singen zwar gerne, aber wenn sie alle zusammen sind, machen sie gerne mal Quatsch. Dann muss ich aufpassen, dass es trotzdem im Rahmen bleibt, in dem sie noch singen können. Das ist pädagogisch nicht ganz einfach und ich kann noch viel lernen.
Sind Jungen überhaupt anders, als Frauen oder Mädchen?
In der Art auf jeden Fall, da muss man schon von Anfang an klären, wer der Bestimmer ist, oder in dem Fall, wer die Bestimmerin ist, das wird auch nicht sofort akzeptiert, ich muss mich also schon durchsetzen.
Was haben sie in der Zukunft mit den Vorchören vor?
In möchte auf jeden Fall das erfolgreiche Konzept Herrn Kaisers fortsetzen, die Jungen über die Vorchöre eins bis drei in den Hauptchor zu leitet und dass sie dann eine bestimmte sängerische Ausbildung bekommen. In dem Konzept mitzuarbeiten, ist mir ganz wichtig und auch, dass in dieser Zeit die Lust am Singen nicht vergeht.
Gibt es Unterschiede in der Art, einen Chor zu leiten zwischen Ihnen und Herrn Kaiser?
Das glaube ich schon. Mir ist aufgefallen, als ich das erstemal in einer Probe anwesend war und ich noch gar nicht hier gearbeitet habe, dass Herr Kaiser sehr gut und oft Klavier spielt. Ich versuche mit meiner Stimme viel vorzusingen und die Jungs a cappella singen zu lassen. Ich merke, dass das fruchtet.
In diesem Jahr wird der Chor zwanzig Jahre alt. Möchten Sie dem Chor noch etwas mit auf den Weg geben?
Ich wünsche dem Chor noch viel Erfolg beim Musizieren und dass die Sänger Herrn Kaiser kräftig in seiner Arbeit unterstützen. Außerdem wünsche ich dem Chor, dass er größer wird und dass der Klang des Chores dem Publikum in Erinnerung bleibt.
Zum Abschluss: Wie war ihr Eindruck, als sie uns das erstemal gesehen haben?
Am Anfang, ich glaube, das war bei eurem ersten Konzert, das ich gehört habe, hatte ich den Eindruck: Wow, die darf ich unterrichten. Und ich war total froh, dass das Niveau so hoch ist und ich da einsteigen darf und euch weiterbringen kann. Das ist ein tolles Gefühl.
Vielen Dank für das Gespräch.