2015. Süßer. Schöner. Bunter.
Frohes Neues! Nicht irgendein Jahr ist angebrochen, nein, es ist das Jahr für den Neuen Knabenchor Hamburg. 2015, das Jahr der Primetime. Singen allein zählt schon lange nicht mehr, es ist das Gesamtpaket, was nun zur Geltung kommen muss. Chor können alle. Wir können mehr.
Um dem wachsenden Konkurrenzdruck von Fernsehen, Youtube, Smartphone, Nikolaikirche und Companie gerecht zu werden, setzt der Chor der Hansestadt Hamburg neue Maßstäbe, und fährt eine völlig neue Trendlinie. Was der HSV kann, können wir schon lange. Knabenchor Plus heißt die neue Initiative, welche den Neuen Knabenchor Hamburg in eine neue Zeit katapultiert – 2015, nicht umsonst das Jahr der Primetime.
Spaß beiseite. Es geht zwar weiterhin darum den Nerv des Zuschauers zu treffen, aber vor Allem ihn samt seinen Vorlieben zu kennen und seiner hohen Ansprüchen gerecht zu werden. Immer einen Schritt voraus ist das Credo der neuen Initiative. Es geht schon lange nicht mehr darum, gut zu singen, viel wichtiger ist die visuelle Beeinflussung. Hier spielt der Süßheitsfaktor eine große Rolle.
Einer unabhängigen Zuschauerbefragung zufolge sind wir bereits ganz schön süß. Das war letztes Jahr zu Weihnachten nach dem Konzert in der Laeiszhalle ein gutes Resultat, denkt man; doch Vorsicht: die beiden befragten Seniorinnen waren zwar noch im besten Alter, haben aber einen anderen Geschmack, als zum Beispiel Familienmütter. Die lassen sich nicht so schnell hinters Licht führen, da hilft Singen auch nicht viel. Hier muss mehr her. Was bis jetzt noch keiner weiß, aber schon seit Jahren beschlossene Sache ist, ist dass der Chor, ab Reihe drei, in Engelskostümen auftreten wird und betreffend der äußeren Erscheinung werden Locken Pflicht – möglichst blond. So süß ist keiner, nicht einmal im Elbkinderland.
Apropos Elbkinderland, Sie erinnern sich sicherlich noch an den Auftritt im Miralles Saal. Der Neue Knabenchor Hamburg hat es sich zur Aufgabe gemacht, auch jüngeres Publikum zur Zielgruppe zu erklären und langsam aber sicher an etwas ältere Musik, wie zum Beispiel gregorianische Choräle heranzuführen. Hierzu brauchten wir ein Leittier. Wen gibt es da Beliebteres als den Meister der Kindermusik? Richtig, Zolf Ruckowski, Name geändert.
Zolf hat vor kurzem seinen Vertrag unterzeichnet und wird dem Knabenchor für die nächsten sechs Jahre uneingeschränkt zur Verfügung stehen, das ElbKinderLand hat ihm Ausgang gewährt. Geplant sind unter Anderem drei CDs mit gregorianischen Chorälen, begleitet von Gitarre und Zolfs Wenigkeit, zur Allgemeinbildung des Nachwuchses. Salve Regina wird die Weihnachtsbäckerei von morgen – die Kinder werden es lieben. Süßheit, und Zielgruppenerweiterung wären somit erfüllt, doch wo wäre der Nutzen, wenn die Kirchen einfach zu klein sind, für die Massen, die Ruckowski und seine vierzig Engel hören wollen?
Auch hier hat sich die Initiative Gedanken gemacht und plant eine Art Guerilla-Taktik. Gesungen – nein, performt – wird ab jetzt nur noch auf Weihnachtsmärkten. Hier ist es sowieso viel ruhiger, und die Leute sind meist kultivierter. Zudem entfallen die teuren Mieten von Kirchen und die Versorgung zum Konzert ist weitaus ausgewogener. Beim Feuerzangenbowlenstand gibt es zudem Gruppenermäßigung, mit dem Spanferkelstand sind wir noch in Gesprächen.
Man darf also gespannt sein auf den vertikalen Aufwärtsstart nach oben. Ein neuer Chor wird erwachen, nicht umsonst ist es der Chor.