Professor Guido Müller. Interview
Professor Guido Müller ist 1962 in Bad Saulgau in Oberschwaben geboren, hat bis zum Stimmbruch selbst in einem Chor gesungen, ist verheiratet und hat zwei Töchter. In seiner Freizeit fährt er Ski, ist gerne in der Natur, bastelt und arbeitet am eigenen Haus.
Vielen Dank, dass Sie sich für das Interview Zeit genommen haben.
Na klar!
Was haben Sie studiert?
An der Musikhochschule Hamburg studierte ich zunächst die Studiengänge Klarinette Diplom und etwas zeitversetzt Diplom Musiklehrer. Mein Studium schloss ich mit dem Konzertexamen, das die höchste Auszeichnung im künstlerischen Studiengang Musik ist, ab.
Zu welchem Thema haben Sie Ihre Professur gemacht?
Lacht – Das ist bei Musikern etwas leichter. Im Alter von dreißig Jahren wurde ich zum Professor für Methodik und Didaktik an die Hochschule für Musik und Theater Hamburg berufen. Dort unterrichte ich auch Klarinette als Hauptfach.
Was sind Ihre aktuellen Tätigkeiten an der Jugendmusikschule?
Ich bin seit dem 17. November 2014 Direktor an der Staatlichen Jugendmusikschule und damit Nachfolger von Dr. Seyd. Bis zur Nachbesetzung der Stelle des Pädagogischen Leiters, die ich bisher ausfüllte, darf ich beide Rollen ausüben.
Was hat Sie dazu bewogen, Direktor der Jugendmusikschule zu werden?
Schon während des Studiums war ich Lehrer an der Staatlichen Jugendmusikschule Hamburg und wurde nach Abschluss des Studiums mit achtundzwanzig Jahren Leiter des Stadtbereichs Hamburg-West. In diesen Jahren war ich mit dem Leitungsteam der Stadtbereichsleitungen stark am Aufbau der Jugendmusikschule beteiligt. Meine künstlerischen Tätigkeiten wurden dabei aber auch von der Jugendmusikschule unterstützt.
Im Zuge der Organisationsentwicklung an der Jugendmusikschule entstand eine neue Stelle, die der pädagogischen Leitung. Diese Stelle interessierte mich sehr, denn jetzt konnten neue Konzepte entwickelt und auch umgesetzt werden. In der letzten Zeit haben wir der Jugendmusikschule zum Beispiel einen Begabungszweig hinzugefügt.
Was mich jetzt dazu bewogen hat, mich als Direktor zu bewerben, war, dass ich durch meine langjährige Arbeit an der Jugendmusikschule die Kompetenzen der einzelnen Kolleginnen und Kollegen sehr gut kenne und davon überzeugt bin, diese so zu bündeln, dass eine gemeinsame gute Musikschularbeit gemacht werden kann.
Zusammengefasst: Die erworbenen Kenntnisse durch meine langjährige Tätigkeit, gepaart mit dem Wissen, das an unserer Jugendmusikschule insgesamt vorhanden ist – diese Kombination macht Mut und Spaß. Die Kolleginnen und Kollegen kennen mich, ich kenne die Kolleginnen und Kollegen, die Arbeit kann daher ohne Brüche fortgesetzt werden, hierin sehe ich einen entscheidenden Vorteil und denke, dass ich zurzeit der richtige Mann am richtigen Ort bin.
Welche Aufgaben haben Sie als Direktor speziell für den Neuen Knabenchor Hamburg?
Als Direktor werde ich versuchen, unsere Chöre insgesamt zu stärken und damit meine ich speziell für den Knabenchor: Der Chor ist eines unser Aushängeschilder und daher auch als Eliteförderung im norddeutschen Raum besonders wichtig. Mein Anliegen wäre, dass dieses Bild vor allem im norddeutschen Raum noch verstärkt wird. Außerdem sehe ich es mit als meine Aufgabe an, diesem qualitativ hoch stehenden Chor noch mehr Möglichkeiten zur Entfaltung zu geben.
Wie können Sie dazu beitragen?
Als Beispiel: Wir werden im Juni 2015 den Musikschultag in der Laeiszhalle feiern. Hier sollte auch der Knabenchor künstlerisch herausgestellt werden. Der Chor soll immer ein Blickpunkt sein, ein Leuchtturm. Wir, die Jugendmusikschule, präsentieren den Chor bei unseren wichtigsten Veranstaltungen. Ich würde mich auch freuen, wenn man den Chor noch stärker mit anderen Elitechören verknüpft. Eine richtige Kooperation als Partnerstadt oder Partnerchor wäre einer meiner Wünsche.
Der Knabenchor ist für mich persönlich ganz wichtig, weil es für viele Kinder ein Ziel sein könnte, hier selbst mitzuwirken. In Hamburg wird immer weniger gesungen. Dies ist schon im Grundschulbereich zu beobachten. Wenn es gelingen würde, hier modellhaft Strukturen zu entwickeln und Hamburg zu sagen: «Hamburg, singt mehr!» wäre dies schon ein großer Schritt. Hier könnte man auch Herrn Bauditz oder auch den «Chormännern» die Möglichkeit geben, bei den Lehrkräften vor Ort, die mit den Kindern arbeiten, in einen Austausch zu kommen, nach schönen Stimmen zu suchen und Jungs motivieren, mitzumachen. Ich könnte mir vorstellen, dass man den Zugang zum Knabenchor dadurch erleichtert und auf diese Weise die Stimmen im Elitechor noch besser auszufüllen wären. Damit könnten auch weitere Leistungssteigerungen erreicht werden. Genau zu diesem Thema gab es erste Gespräche in der Behörde. Es gibt Ideen, das Singen und Chorarbeit vor Ort besser zu gestalten. So könnte man, nicht gleich im nächsten oder im übernächsten Jahr, aber ungefähr in zehn Jahren woanders stehen. Ich halte es für wichtig, dass der Knabenchor insgesamt viel flächendeckender arbeitet. Hier würde ich Herrn Bauditz möglichst unterstützen.
Was bekommen Sie vom Alltag des Chores mit und wie ist die Zusammenarbeit mit dem Verein Neuen Knabenchor Hamburg?
Vom Alltag des Chores bekomme ich momentan etwas wenig mit, fühle mich aber durch das Chor-Büro gut informiert. Während meine Zusammenarbeit mit dem Verein noch vor wenigen Monaten angeregt und vielfältig war, ist sie momentan weniger intensiv. Zurzeit finden an der Jugendmusikschule viele Projekte und Arbeitsstränge für mich parallel statt, etwa achtzig Bereiche. Die Aufgaben der pädagogischen Leitung gemeinsam mit denen des Direktors fordern mich sehr heraus, dadurch ist die Arbeitszeit sehr begrenzt.
Als Direktor wünscht man sich, dass der Chor diesen Umstand wahrnimmt und der Verein manchmal schneller auf einen zukommt, es wäre der einfachere Weg. Der Knabenchor soll wissen, dass die Jugendmusikschule ihn unterstützen möchte, wo es geht.
Was wünschen Sie dem Chor für die nähere Zukunft?
Die strahlende Wirkung des Chores soll noch strahlender werden. Damit der Chor künstlerisch mehr Spielraum hat, wünsche ich ihm viele Lobbyisten und Mäzene, die helfen, all die Projekte und Konzerte umzusetzen, die die Jugendmusikschule allein nicht finanzieren kann. Ob es gelingt, weiß ich nicht, aber dies ist auch eine Hauptaufgabe von mir: Förderer zu finden, die den Chor unterstützen möchten.