CD-Aufnahmen 2016
Tag 0. Die Probe davor
26. Februar 2016
Ich zähle das hier nicht als vollen Tag, einfach weil es keiner ist, wollte ihn aber trotzdem mit dazunehmen. Im Prinzip war das hier eine ganz normale Chorprobe, so wie wir sie kennen, nur eben in St. Gertrud. Wir haben sowohl im Altarraum gesungen, als auch auf der Empore, um zu entscheiden, wo es besser klingt und wo wir aufnehmen. Außerdem hat sich das Team vom CD-Label vorgestellt und aufgebaut; aufgenommen haben wir noch nichts.
Tag eins. Der Anfang vom Ende vom Anfang vom Ende, oder so ähnlich
Der Samstag, 27. Februar 2016 war in zwei Teile geteilt.
Der Anfang vom Ende
Der erste Teil fing um halb zehn an und hörte um elf auf. Neun Uhr dreißig. Samstags. Morgens. Siehe Marc-Uwe Kling. Die Känguru-Chroniken. Kapitel vierundzwanzig Theorie und Praxis. Eine Dreiviertelstunde Fahrt, eine Stunde Frühstück, Zähneputzen und anziehen, eine halbe Stunde im Halbschlaf im Bett liegen und immer wieder rufen: «Ich stehe ja gleich auf!». Um viertel nach sieben klingelt der Wecker. Das ist keine Uhrzeit mehr, das ist eine Urzeit! Sie mögen jetzt vielleicht sagen: «An einem Arbeitstag stehe ich noch viel früher auf.» Ich auch. Nur gehe ich samstags nicht in die Schule. Ich gehöre zu den Leuten, die samstags nur aufstehen, weil sie irgendwann Hunger haben.
Übrigens haben wir uns für die Empore entschieden. Da standen wir also, siebenunddreißig Leute die singen, ein Dirigent und ein Lautsprecher, der alle halbe Minute eine neue Umschreibung für die Phrase «Nochmal, nur anders» findet. Worauf wir haargenau das gleiche nochmal, nur anders sangen. Immer wenn wir aufnahmen, leuchtete eine rote Lampe, wie man sie auf den Dächern von Polizeiautos findet, nur in rot. Nach den eineinhalb Stunden singen ohne sitzen gab es dreieinhalb Stunden Mittagspause. Das will ich auch haben, in der Schule.
Das Ende vom Anfang vom Ende
Der zweite Teil ging dreieinhalb Stunden später, um halb drei weiter. Etwas wirklich interessantes passierte eigentlich nicht, außer dass es mal eine Pause gab. Ein Lied lief größtenteils so ab: Wir sangen es einmal ganz durch, Herr Bauditz hörte es sich an, in der Zeit konnten wir uns – Gott sei dank – hinsetzen, wir sangen jeden Teil ungefähr fünfzehn mal durch, gefühlt doppelt so häufig und gingen zum nächsten Lied weiter. Je nach dem, wie lange wir brauchten und wie lange das Lied war, gab es nach jedem Lied eine Pause, manchmal auch nur nach jedem zweiten. Der Tag sollte eigentlich um halb sieben enden, endete aber fünfundzwanzig Minuten später. Das schreibe ich nicht in meinem Interesse, sondern im Interesse der frierenden Mütter, die 25 Minuten lang in der Kälte auf ihre Söhne warteten.
Tag zwei. Mögen die Spiele beginnen
28. Februar 2016
Da es Sonntag war und wir in einer Kirche aufnahmen, ging der Tag erst um sechzehn Uhr los.
Wie schön. Dieses sogenannte «Ausschlafen» ist herrlich. Ansonsten lief der Tag genauso wie der gestrige ab, nur ohne die Mittagspause. Er endete fast planmäßig zehn Minuten nach viertel nach sieben, wo er eigentlich enden sollte. In den Pausen, in denen sich Herr Bauditz unsere Alpha-Version der Stücke anhörte, wurden jetzt Spiele gespielt wie: Null-null-sieben, Schere-Stein-Papier oder Daumen-Ringen, um sich die Zeit zu vertreiben.
Tag drei. Eine Hälfte liegt noch vor uns
29. Februar 2016
Letztes Wochenende war der Chor auf einem Probenwochenende, auf dem ihm gesagt wurde: ‹Nach dieser CD-Aufnahme seid ihr froh, wenn ihr den Chor erst mal eine Woche lang nicht seht›. Das werde ich sein. Uns wurde aber auch gesagt: «Die CD-Aufnahme wird das schlimmste und beste zugleich sein, was euch mit dem Chor je passiert sein wird». Dass es das schlimmste sein wird, sehe ich. Nur dass mit dem besten noch nicht so ganz. Wahrscheinlich war das auf die CD bezogen, nicht auf die Aufnahme. Also wurde uns im Prinzip gesagt: «Die CD-Aufnahme wird richtig scheiße. So richtig.» Aber neun Monate später werden wir eine CD rausbringen, die richtig gut wird. Der Haken ist folgender: Wenn die Aufnahme schlecht wird, wird die CD schlecht. Wenn die CD gut wird, wird die Aufnahme blöd. Naja, die Hälfte ist ja immerhin geschafft. Zum Mittagessen gab es Pizza. Sehr viel Pizza. Wahlweise Margherita oder Schinken oder Salami oder Margherita. Wir hatten einen Pizzakartonturm mit der Höhe von ungefähr anderthalb Metern. Und noch einen, der nicht viel kleiner war. Es gab sehr viel Pizza, die danach komplett weg war, glaube ich.
Und nach der Mittagspause ging es weiter, bis es 18:07 Uhr war.
Tag vier. Dri Chinisin mit dim Kintribiss
01. März 2016
Der, endlich, letzte Tag verlief auch zeitlich genau so wie der davor. Ich hörte immer mehr Leute sagen: «Ich wäre doch lieber in die Schule gegangen» oder: «Ich kann nicht mehr stehen.» Fast immer, bevor wir zu singen anfingen, haben wir noch den ersten Ton gesungen, damit wir nicht mit einem völlig falschen Ton einsetzten. Im Laufe des Tages wurden wir aber immer häufiger zu tief, weswegen Herr Bauditz die Idee hatte, wir könnten diesen Ton einfach auf ‹i› singen, weil das die Spannung erhöht und somit auch die Intonation. Alle waren zu diesem Zeitpunkt sehr erschöpft, glaube ich, ich gehörte jedenfalls dazu. Am Ende des Tages, um achtzehn Uhr, so war die eigentlich geplante Uhrzeit, schafften wir es aber doch, sowohl das Ding, als auch das Dong in den Kasten zu kriegen.