Michael Praetorius

Komponisten Folge 7

Jeder, der im Neuen Knabenchor Hamburg singt, kennt ihn. Und wenn er ihn nicht beim Namen kennt, hat er schon unbewusst, ja ganz ungewollt, ein Stück von ihm gesungen. Höchstwahrscheinlich an Weihnachten oder so um A Festival of Nine Lessons and Carols herum. Sagen euch die Titel A great and mighty Wonder, Psalite Unigenito oder Der Morgenstern ist aufgedrungen etwas? Klingeln da nicht die Weihnachtsglocken? Ja, Michael Praetorius heißt der Mann! Ganz toller Typ, sag ich euch. Aber wann genau er geboren wurde, kann ich euch leider nicht sagen. Man weiß nur, dass er entweder im Jahre 1571 oder ein Jahr später in Creuzburg an der Werra als jüngstes Kind geboren wurde; als Nesthäkchen quasi. Sein Vater war ein lutherischer Pfarrer namens Michael Schultheis. Wer seine Mutter war? Ehrlich gesagt keine Ahnung.

Übringens, Creuzburg an der Werra liegt einen Katzensprung entfernt von Eisenach, dem Geburtsort unseres wohlbekannten Komponisten Johann Sebastian Bach. Die beiden haben sich aber leider nie treffen können, da Michael 64 Jahre vor der Geburt von Bach starb. Allerdings war sein Schulweg nicht gerade kurz: 222 Kilometer von seinem Geburtsort entfernt. Ich bezweifle aber, dass Michael damals dann noch in Creuzburg gelebt hat. Denn zur Schule ist er zehn Jahre in die Lateinschule in Torgau gegangen. Mit dreizehn oder vierzehn Jahren hat er dann in Frankfurt an der Oder an die Universität Viadrina Theologie und Philosophie studiert. Na, wer hat mit dreizehn oder vierzehn schon einmal darüber nachgedacht zu studieren? Oder, wer noch nicht so alt ist unter euch, hat das jemand vor? Ich hatte das mit dreizehn und auch mit vierzehn Jahren noch nicht vor und auch zwei drei Jahre später habe ich das nicht vor. Na ja – aber jeder wie er will – wie man so schön sagt, nicht? Seine beide ältesten Brüder arbeiteten auch dort. Andreas (geb. vor 1549) und Johannes (geb. 1552) hatten ihr Theologiestudium schon hinter sich gebracht und arbeiteten als Pastoren. Sein Bruder Andreas war Hofprediger des Kurfürsten von Brandenburg und sogar Rektor der Universität.

Als seine beiden Brüder aber gestorben waren wurde ihm von der Kirchenleitung in Frankfurt an der Oder eine Stelle als Organist an der Universitätskirche St. Marien angeboten. Die Universität hatte eine eigene Kirche! Na gut, ist ja auch logisch wenn man an der Universität Theologie studieren kann und überall halb fertige Pastoren rumlaufen. Mit dieser Organistenstelle konnte er dann drei Jahre seinen Lebensunterhalt verdienen, bis er 1589/90, ohne dass er sein Studium abgeschlossen hatte, Frankfurt an der Oder verließ. Warum, ist nicht bekannt, genauso wenig wie bekannt ist, was er in den darauffolgenden Jahren gemacht hat. Erst vier Jahre danach, also 1954 etwa, ist dokumentiert, dass er als Kammerorganist bei Herzog Heinrich Julius (geb. 1564, Regent 1589–1613 im Fürstentum Braunschweig-Wolfenbüttel), Bischof von Halberstadt und Herzog zu Braunschweig und Lüneburg, angestellt war. Im Dezember 1604 wurde er dann auch noch Hofkapellmeister. Seit der Ernennung zum Hofkapellmeister lebte er dann in Wolfenbüttel. Das war ja der Hauptsitz von Herzog Heinrich Julius. Als Hofkapellmeister war Praetorius verantwortlich für etwa achtzehn Sänger und Instrumentalisten und hatte für gottesdienstliche Musik in der Schlosskapelle sowie für die Tafelmusik bei festlichen oder privaten Essen und Tanzmusik bei höfischen Festen zu sorgen. Er bekam als Gehalt jährlich hundert Taler Gehalt, zehn Taler Holzgeld, einen freien Tisch bei Hofe, eine Sommer- und eine Winter-hofkleidung, als Deputat jährlich einen Ochsen, zwei Schweine, vier Scheffel Roggen, vier Scheffel Gerste.

In dieser Zeit unternahm Praetorius mehrfach Reisen, unter anderem nach Bückeburg, Kassel, Regensburg und Prag, auch in diplomatischem Auftrag des Herzogs. Enge familiäre Verbindungen des Wolfenbütteler Hofes zum Kurfürstlichen Hof in Dresden waren wiederholt Anlass zu Reisen dorthin.

Kurz bevor er zum Hofkapellmeister ernannt wurde, heiratete er Anna Lakemacher und bekam mit ihr zwei Söhne. Die hießen Michael (*1604), kam oft vor, dass man die Kinder nach dem Vater nannte in der Zeit, und Ernst (*1606). 1612 ließ er dann ein stattliches Wohnhaus für sich und seine Familie bauen. Dieses Wohnhaus stand und steht sogar immernoch in Wolfenbüttel. Wer Lust hat kann das besichtigen. Aber kurz nachdem er dieses Haus bauen ließ, starb Herzog Heinrich Julius und ein neuer Herzog kam um zu regieren. Dieser hieß Herzog Friedrich Ulrich und er regierte von 1613–1621. Nach dem Tod von Herzog Heinrich im Jahre 1613 schwieg die Musik in Wolfenbüttel wegen des Trauerjahres, und in dieser Zeit wurde Praetorius an den Kurfürstlichen Hof in Dresden beurlaubt. Auch nachdem er wieder in Wolfenbüttel lebte und arbeitete, blieb er als «Capellmeister von Haus aus» dem Dresdner Hof verbunden. Also reiste er hin und wieder zu Aufführungen bei festlichen Gelegenheiten nach Dresden. So wirkte er auch ab 1616 am Erzbischhöflich-Magdeburgischen Hof in Halle an der Saale. Er arbeitete zusammen mit Heinrich Schütz – kennt man auch als Sänger, ist der Typ der immer mit «Aller Augen» das Essen kalt werden lässt – und mit Samuel Scheidt und Johann Staden, ach und mit vielen weiteren. Er reiste quer durch Deutschland nach Leipzig, Nürnberg und Bückeburg. Er arbeitete mehrmals eng mit Orgelbauern zusammen, zum Beispiel mit Esaias Compenius mit welchem er eine Orgel entwickelte die 1616 an König Christian 4. von Dänemark geliefert wurde und heute unverändert erhalten und als «Orgel von Schloss Frederiksborg» bekannt ist.

Doch auch er starb eines Tages und das am 15. Februar im Jahre 1621. Er hinterließ 1619 ein Legat mit einer Stiftung von 3.000 Mariengulden, die er anzulegen wünschte in die Unterstützung von Studenten der Theologie oder von Armen in Städten, in denen er oder seine Familie gelebt hatten: Creuzburg, Torgau, Treuenbrietzen, Frankfurt an der Oder, Dresden, Halle, Zerbst, Halberstadt und Wolfenbüttel. Leider wurde das nicht besonders gewürdigt. Die Auszahlung der Zinsen ist nur einmal erfolgt. Aber er war ein toller Komponist! «Es ist ein Ros entsprungen». Vielleicht auch mit ihm als er geboren wurde.